Herr Reitemann, Energie war noch nie so teuer wie derzeit. Woran liegt das?
Derzeit beeinflussen verschiedene Faktoren die Preise. Da sind die Roh stoffknappheit durch die weltweite Konjunkturbelebung nach der ers ten Coronawelle zu nennen sowie eine lang anhaltende kühle Witterung im Frühling 2021, die zu einer verspäteten und damit geringeren Befüllung der Gasspeicher führte. Die im Vergleich zu den Vorjahren niedrigere Erzeugung aus erneuer baren Energien steigerte den Bedarf aus konventioneller Erzeugung und führte zu einer höheren Nachfrage nach CO2-Zertifikaten. Angesichts der niedrigen Speicher stände wirken sich die politischen Spannungen mit Russland und die damit verbundenen Sorgen über ausreichende Gaslieferungen im Winter massiv auf die Marktpreise aus. Die Gaspreisentwicklung ist seit einigen Monaten der entscheiden de Faktor für die stark ansteigenden Strompreise.
Welche Rolle spielt der Klimaschutz bei der Energiepreisbildung?
Bei konventioneller Erzeugung flie ßen die Kosten für CO2-Zertifikate in die Preisbildung am Großhandels markt ein. Der Preis für die Zertifi kate hat sich im letzten Jahr in der Spitze mehr als verdreifacht, was auch die Strompreise nach oben zieht. Im Endverbraucherpreis sind je nach Energieträger zusätzliche Kostenbestandteile, wie z.B. die EEGUmlage, die KWKGUmlage und die Brennstoffemissionshan delssteuer, enthalten.
Welche Rolle spielen erneuerbare Energien? Wirken die nicht preisdämpfend?
Erneuerbare Energien weisen keine variablen Kosten auf und wirken preisdämpfend, wie der Spotmarkt zeigt. Eine hohe Einspeisung von Ökostrom führt zu niedrigeren Bör senpreisen. Fällt die regenerative Erzeugung witterungsbedingt schwächer aus, fehlt dieses preismindernde Angebot. Bei einer unveränderten Nachfrage stellen sich am Strommarkt dann höhere Preise ein.
Ist ein Ende der Preiskapriolen in Sicht?
Prognosen sind aktuell schwierig, das kommt dem Blick in die Glaskugel gleich. Aus heutiger Perspektive sehen wir noch keine Indikato ren für eine grundlegende Entspannung.
Was kann ein mittelständisches Unternehmen tun, um seine Energiekosten im Griff zu behalten?
Erstens sollten sich die Unternehmen über die aktuelle Entwicklung gut informieren. Zweitens sollten sie – das gilt vor allem für kleinere Unter nehmen – über langfristige Verträge bei einem verlässlichen Partner nachdenken. Das bringt mit Blick auf die eigene Produktkalkulation Planungssicherheit. Für große, ener gieintensive Unternehmen gibt es verschiedene flexible Beschaffungs modelle, etwa über Tranchen und/ oder eine Optimierung am Spot markt. Drittens sollten sie auf regenerative Eigenerzeugung und Energieeffizienz setzen. Hier gilt es dann auch, konsequent den Wärmebereich und den Verkehr mitzudenken, zum Beispiel mit Wärmepumpen und Elektromobilität.
Wie kauft ein Energiebeschaffungsprofi wie Sie privat seine Energie ein?
Bei einem verlässlichen, nachhaltig ausgerichteten und regional engagierten Energieunternehmen, wie es die LEW-Gruppe ist. Für unsere Privatkunden beschaffen wir den Strom langfristig in Tranchen und können so Preisschwankungen auch besser abfedern.